Von wegen Rabenmutter.....von Jane Swigart

Die harte Realität der Mutterliebe

 

Kein Buch hat für mich besser und authentischer die Lebenswirklichkeit von Müttern beschrieben und insbesondere auch den Alltag alleinerziehender Mütter. Das Buch aus dem Jahre 1991 hat nichts von seiner Aktualität verloren – leider! Das Buch diskutiert mutig Tabus, die bis heute am Leben sind: Mütter müssen allzeit für ihre Kinder zur Verfügung stehen, Mütter sind stets glücklich und dankbar über ihre Kinder etc. Sie entlastet damit Millionen Mütter von ihrem allezeit bereiten schlechtem Gewissen eine Rabenmutter zu sein, wenn sie ihr Kind mal nicht gerade abgöttisch liebt und allzeit parat ist.

Darüber kritisiert Swigart "...die Gesellschaft, die das Wohl des Kindes nach wie vor meist allein der Mutter angelastet und von ihr allein erwartet, dass sie diese Aufgabe klaglos mit Hingabe und viel Altruismus erfüllt."

 

Von Alleinerziehenden wird inzwischen zusätzlich gefordert, dass sie neben der alleinigen Sorge für ihre Kinder zusätzlich ihren Lebensunterhalt selbst verdienen sollen. Nach dem neuen Unterhaltsrecht bereits bei Kindern, die älter als drei Jahre sind (!). Verschärft wird das ganze dadurch, dass der durchschnittliche Stundenlohn für Frauen meist weiter unter dem von Männern liegt, und somit viele Frauen oft gezwungen sind ganztags zu arbeiten, da eine halbe Stelle nicht aus reicht. Die zusätzliche Berufstätigkeit für alleinerziehende Mütter ist emotionale Schwerstarbeit, die bei der ganzen Diskussion um mehr Ganztagsplätze für Kinder und Schüler nicht gesehen wird.

 "Das Sorgen für Kinder gilt nach wie vor als heilige Pflicht gilt, doch beim Ausüben dieser Pflicht erhalten die Frauen kaum tatkräftige Unterstützung. Die Bedürfnisse derer, die für die tägliche Betreuung des Kindes verantwortlich sind, werden kaum beachtet noch berücksichtigt." Nach einem langen Arbeitstag und dem Ende der Kindertagesstätte stehen die Mütter mit der Bewältigung des Haushaltes und dem emotionalen Auffangen und Betreuung des Kindes alleine dar. Oft muss der Haushalt nach dem zu Bettbringen der Kinder noch bis spät in die Nacht erledigt werden. Mutter seine erfordert in so einer Lage ständiges Geben. Trotz dieser Herkulesarbeit plagt Mütter und insbesondere Alleinerziehenden ein permanentes Schuldgefühl zu wenig für die Kinder dazu sein.

In unserer Gesellschaft fehlt eindeutig das Verständnis für diese wichtigen Bezugspersonen. Warum ist das so? Swigarts Erklärung: „ Wenn wir nicht unmittelbar und hautnah erlebt haben, was es bedeutet, sich über einen längeren Zeitraum hinweg um Kinder zu kümmern (und zwar alleine), identifizieren wir uns eher mit dem Kind als mit dem Elternteil, der für das Kind da ist.“

Swigart zeigt auf, wieso es aber ebenso wichtig ist "die Bedürfnisse der Mutter zu hören, sie wichtig zu nehmen, Verständnis und Mitgefühl dafür aufzubringen, wie für die eines Kindes, und dass den meisten Kindern nicht zu helfen ist, wenn man nicht gleichzeitig den Müttern hilft."

 

"Wenn niemand Mitgefühl mit der Mutter hat, wenn niemand da ist, der ihr zu hört, Verständnis für sie hat und auf ihre Schwierigkeiten und Frustrationen reagiert, wird sie sich zwangsläufg ignoriert, wertlos und unverstanden fühlen. Diese schmerzliche Erfahrung von Müttern, die sich nicht gesehen und verstanden fühlen, wirken sich natürlich auch auf das Wohlergehen der Kinder aus."

 

Hinzu kommt, dass die Gesellschaft, die für das Aufziehen erforderlichen Fähigkeiten und emotionalen Leistungen nach wie vor nicht würdigt.

Swigart zeigt die vielschichtigen Probleme beim Aufziehen von Kindern auf und fordernd eine Kultur der „haltenden Umwelt für Mütter", die eben nicht nur aus Forderungen besteht, sondern aus Unterstützung, Verständnis, Mithilfe und vieles mehr. "Denn ohne Anerkennung, konkrete Hilfe und emotionale Unterstützung Kinder groß ziehen zu müssen, kann bei der Mutter o. der sorgenden Person schlimme Deprivationsgefühle hervorrufen und sie zum Opfer, nicht nur ihrer eigenen unerfüllten Bedürfnisse, sondern auch der Forderungen ihrer Kinder machen."

Swigart fordert: „Wir müssen uns ins Gedächnis rufen, dass es Zeiten gibt, in denen die Bedürfnisse einer Mutter wichtiger sein können als die ihres Kindes. Um dem heimtückischen Mythos, Mütter seine ein nie versiegender Quell der Liebe und der emotionalen Fürsorge, entgegen zu wirken, müssen wir daran denken, dass auch diejenigen, die sich um Kinder kümmern, gelegentlich auftanken müssen (der Fürsorge bedürfen) , wenn sie weiterhin Fürsorge und Unterstützung gewähren sollen.“

 

Und sie spricht Tabuthemen an wie:

„Die übermäßige Bedürftigkeit des Säuglings...rufen bei einigen Frauen Panik, Wut und das Gefühl, zu kurz zu kommen hervor. Es ist schwierig, sich klarzumachen, dass man auf einen Säugling einfach wegen seines ganz normalen Verhaltens wütend ist – weil er bedürftig und passiv ist und einem soviel abverlangt. Diese inakzeptable Wut kehrt sich häufig nach innen um, verwandelt sich in Depression und Selbstzweifel.“

Hinzu kommt, dass viele Mütter selbst als Säugling und Kind unter mangelnder mütterlicher (und väterlicher) Zuneigung gelitten haben und mit der eigenen Kinderpflege eigene Verlust- und Verarmungsgefühle zum Vorschein kommen. Es werden eigene verborgene Sehnsüchte nach Liebe und Fürsorge geweckt.

Kinder bringen uns an emotionale Grenzen. Ihre Bedürftigkeit konfrontiert uns oft mit eigenen verborgenen Sehnsüchten nach Liebe und Fürsorge, der Hunger danach wird schmerzlich wieder erlebt. In der Bereitschaft und Öffnung sich mit diesen Gefühlen wohlwollend und annehmend auseinanderzusetzen liegen die Chancen sowohl für uns wie für das Wohl unserer Kinder.

Kinder lieben und benötigen authentische Eltern und Eltern, die auch gut für sich selbst sorgen können.

 

(Das Buch von Jane Swigart ist nur noch gebraucht zu haben,

z.B. bei booklooker.de.)